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Der evangelische Theologe und Kabarettist Fabian Vogt erzählt in einer Anekdote von einer europäischen Reisegruppe, die im australischen Outback von einer Kamelherde überrascht wird. Noch mehr wundern die Touristen sich, dass die Tiere einfach so in der Gegend herumlaufen. Weit und breit sieht man keine Zäune! Der Clou: Man braucht gar keine Grenzbefestigungen, denn wenn Farmer in Australien eine Herde zusammenführen wollen, dann legen sie einfach Wasserstellen an. Hier sammeln sich die Tiere und ihr Durst wird gestillt.

Mein Eindruck in vielen fränkischen Kirchengemeinden ist, dass ein gewisses Zaundenken nach wie vor bestimmend ist. Freilich nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass man vielerorts in einer Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte alten Tradition steht und sich Gläubige mit ihrer Pfarrgemeinde identifizieren. Kirche vor Ort ist Ihnen zur geistlichen Heimat geworden, für die nicht wenige sich vielfältig engagieren. Umso schmerzhafter ist die Erfahrung für die, deren Herz daran hängt, Kirche vor Ort zu gestalten, dass die Kirchen immer leerer werden. Bevor das zunehmende Desinteresse vieler Getaufter an kirchlichen Angeboten bei den wenigen Engagierten zu noch größerem Frust führt, gilt es die Weichen in die Zukunft der Kirche bald zu stellen. Während Jesus seine Jüngerinnen und Jünger ermutigt, am Aufbau des Reiches Gottes mitzuwirken, erleben sich Haupt- und Ehrenamtliche in der Kirche mitunter mehr als Sterbebegleiter einer untergehenden Volkskirche. Zuviel Ressourcen haben wir in der Kirche bisher darauf verwendet, die bedrückende Gegenwart mit einer verklärten Vergangenheit zu vergleichen: Die meisten forcieren den Bestandschutz, damit bei uns möglichst alles so bleibt wie es ist.  Einige setzen sich unter Druck, irgendwelche überkommene Erwartungen erfüllen zu müssen; andere träumen gar in nostalgischer Verzückung davon, Vergangenes wiederzubeleben. All das ist gut gemeint, lähmt jedoch eher das kirchliche Leben und führt nicht in eine bessere Zukunft. Auch wenn der Abschied von liebgewordenen Traditionen immer schmerzt: die Einsicht, dass manches in der Kirche in bisheriger Weise keine Zukunft hat, kann auch befreien und entlasten. Erst wenn altes begraben ist, kann neues entstehen. Alte Zöpfe abschneiden, damit neues Leben wachsen kann. Ein Aufbruch zu neuen Ufern, setzt jedoch immer einen Abschied voraus!

Es wird darauf ankommen, den Blick der Menschen auf eine neue, attraktivere Gestalt von Kirche zu lenken und dadurch möglichst viele auf den Weg der Pastoral der Zukunft mitzunehmen.

Jesus sagt im Johannesevangelium Kapitel 7, Vers 37: „Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt.“

Aufgabe der Hirten und aller Verantwortlichen muss es sein, in der kirchlichen Landschaft Wasserstellen anzulegen. Wenn kirchliche Angebote wie
Gottesdienste, Glaubenskurse oder caritative Seelsorge, die Bedürfnisse der Menschen ansprechen und Sehnsüchte erfüllen, dann spricht sich das herum.  Hier sammeln sich Gläubige und ihr Durst wird gestillt. Wer Kirche auch im 21. Jahrhundert noch ausschließlich von Ortsschild zu Ortsschild denkt und lieber in seinem vertrauten, wenn auch mittlerweile verstaubten und sich leerenden  Stall verharrt, wird sich künftig schwer tun, Oasen des Glaubens zu finden. Wer das eigene Zaundenken allerdings überwindet, kann aufbrechen, um in der Weite der kirchlichen Landschaft die Schönheit des Glaubens, die Bestärkung einer größeren Gemeinschaft und die Freude am Evangelium neu zu erfahren!

                                                                                                                  Pfarrer Klaus Weber

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